Wie ich erst später herausbekam, kam ich in eine Stadt, die früher einmal zum Herzogtum Coburg gehörte. Sie war eine Art Außenstation oder Kolonie. Für die Herzogin Luise, der ersten Frau von Herzog Ernst I. war diese Stadt allerdings ein Ort der Verbannung. Der Herzog schickte sie 1824 dorthin, weil er sich von ihr getrennt hatte. Die Bewohner des Stadtteiles Alsfassen nennt man noch bis heute die „Coburger“. Nicht  ohnen Stolz konnte ich den Leuten erzählen, daß ich in dem richtigen Coburg aufgewachsen und zur Schule gegangen war.- Ich zog also in das Missionhaus auf dem „Heiligen Berg“ ein. Das riesige Haus sah wirklich wie eine Burg auf einem Berg aus. Es war Gymnasium, Internat, und Handwerks-Ausbildungsstätte der Steyler Missionare. Die Ausrichtung war damals noch berufsgebunden. Es wurden nur solche aufgenommen, die Missionare werden wollten. Oben auf dem Hof, dem Wendalinushof oder Langenfelder Hof, etwas 1 km entfernt, waren die Werkstätten der Brüder und die große Landwirtschaft. Hier wurden Lehrlinge in verschiedenen Berufen ausgebildet.

Auf der Bank   

Im Park des Missionshauses, auf einer Bank sitzend. 

Es war also ein richtiger, leibhaftiger Klosterbetrieb. Was ich über das Erlernen meines Berufes als Handbuchbinder zu sagen habe, ist bereits in der „Bucheinbandkunst“ nierdergeschrieben. Ich lebte nun in einer Gemeinschaft, die nicht mehr meine eigene Familie war. Sie wurde aber bald zu einer Familie für mich. Nicht das wir total alles gemeinsam taten. Es war noch genug Individualismus möglich, und auch die privaten Dinge kamen nicht zu kurz. Ein Rahmenprogramm war notwendig, bestehend aus Gebets- Arbeits und Essenszeiten. Die Freizeit verbrachten wir meistens gemeinsam. Wir waren ja noch keine fertigen Mönche. Aber wir wollten ja auch Missionare werden, d.h. wir wollten unter die Leute gehen und mit den Leuten zusammenarbeiten. Wir wollten aktiv sein. Wie bereits schon früher erwähnt, ich verlebte hier eine sorgenlose und unbekümmerte Zeit. Die Arbeit in der Buchbinderei machte mir Spaß, ich kam mit den Kollegen gut zurecht. Ich brachte mich ein in die Gemeinschaft entsprechend meinen Talenten. Ich konnte mich weiterentwickeln auf allen musischen Gebieten. So erlernte ich Geige und Klavier spielen. In den ersten drei Jahren waren wir „Kandidaten“, später dann „Postulanten“.

St.Wendel Pforte

 1963 am Missionshaus vor der Pforte.

 Ab 1959 war ich ein richtiger „Neuling“ ein „Novize“. Ich bekam auch ein Ordenskleid, den schwarzen Talar. In den folgenden zwei Jahren ging es nun zur „Sache“. Wir lernten alles, was notwendig war für das Leben in einer religiösen Gemeinschaft. Im September 1961 gelobte ich zum erstenmal die „drei Gelübde“. Man gelobt ehelos, (ohne Frau und Kinder – als Endzeitliches Zeichen), arm (Unabhängig von materiellen Gütern und Besitz) und gehorsam (auf ein gemeinsames Ziel ausgerichtet und sich diesem Ziel unterstellen) zu leben. Dies wurde dann auch erst auf Probe, für dreimal ein Jahr, einmal für drei Jahre und somit nach sechs Jahren auf Lebenszeit abgemacht. Es wurde kein Zwang ausgeübt, alles war meine eigene Entscheidung. Die Selbstauslese war entsprechend groß. So waren wir als Lehrlinge 14 junge Leute, als Novizen acht, und später dann „nur“ vier
-wird forgesetzt-

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