Gelegentlich kommen schon mal alte Bücher in unsere Hochschulbibliothek aus Erbschaften, Schenkungen etc. Eine Hochschule von gerade mal 70 Jahren hat noch keine bedeutenden Schätze von alten Büchern angesammelt, wie Frühdrucke oder gar Handschriften. Was ist das schon wenn ich an Büchern arbeitet, die 300 Jahre alt sind, gemessen an Handschriften aus dem 11. oder 12. Jahrhundert. Und doch gehe ich mit Respekt und Ehrfurcht an die Arbeit.

Wer hat wohl diese Bücher eingebunden, unter welchen Umständen und was das damals für eine Zeit? Die Bibel wurde wohl viel gebraucht. Sie war am oberen Ende (Kopf) total abgegriffen, d.h. der obere Rücken war einfach abgerissen vom dauernden Herausnehmen aus dem Bücherregal. Die Holzdeckel und der Buchblock waren in gutem Zustand, die Lederschließen existierten nicht mehr. Ich brauchte nur bei zwei Lagen neuen Heftzwirn einziehen, den Buchblock (mit „echten“ Bünden) verleimen. Dann weiter wie ein „Franzband“, normales Kapitalband, Hülse und Rückeneinlage zwischen den Bünden. Einledern und Hereinziehen der Einschläge. (Formen des Häubchens nicht notwendig) Eine Ecke des Holzdeckels war lädiert, so formte ich sie neu mit einer Füllmasse aus Holzleim und Sägespähne. Wie die Schließen erneuern? Ich verwendete dickes Schuhmacher-Oberleder. Den Einhängeteil mit dem Loch schnitt ich mit einer Schere aus dünnem Weißblech heraus und vernietete sie. Einen der Einhängestifte im vorderen Buchdeckel mußte ich ebenfalls erneuern. Kniffelig war das Durchziehen der Lederschließen durch den Ledereinschlag an der Vorderkante. Das alte Buch hatte einen Pergamentumschlag, den ich nicht einfach wegwerfen wollte. So schnitt ich das Kernstück heraus, das eine sehr schöne Blindruck-Prägung hatte und setzte es als Intarsie in den Vorderdeckel. Nun hatte ich mir vor einiger Zeit Blech-Schutzecken besorgt. Die ließen sich gut für diese Bücher verwenden. Also kleine Löcher bohren und auf den Deckel aufnageln. Was sollte ich mit den Linien tun? Nur Blindruck kam in Frage. Auf dem dunkelgrünen Maroquin-Leder machten sich die mit heißem Wachs nachgezogenen dunklen Linien sehr gut.

Beim zweiten Buch, einem lateinischen Brevier, machten sich die dunklen Blinddrucklinien sehr dekorativ. Auf den Rückentitel verzichtete ich, weil die Originale sicherlich keinen Rückentitel hatten. –

So werden diese beiden Bücher die kommenden 300 Jahre sicherlich gut überstehen.

Neues Kleid für alte Bücher

 

Klick in das Bild, dann öffnet sich das Web-Album.

 

Am 12. Mai 2009 gab mir unser Bibliothekar wieder einen ganzen Schwung alter Bücher zum Bearbeiten. Sie sahen erbärmlich aus. Ein kleines Gesangbuch hatte zwei Holzdeckel, die sich noch gut verwenden ließen. Ein anderes Buch hatte auch Holzdeckel, aber einer war von Würmern so angefressen, dass er einfach zerfiel. Von den Schließen konnte ich gerade noch die beiden Metallteile gebrauchen. Die Deckel von allen anderen Büchern mußte ich ersetzen. Drei Bücher waren als Broschüren gebunden (Paperback) und gerade mal notdürftig mit Zwirn geheftet. Alle erstrahlen nun in neuem Licht und in neuem, feinen Leder. Einige bekamen eine Verzierung in Blinddruck, andere einen Goldtitel (Ich bin sicher, dass sie ursprünglich überhaupt keinen Rückentitel hatten).

 

Siehe im Webalbum nach.

 

Kaum hatte ich die Bücher fertig, lagen bereits wieder die nächsten bereit. Das war am 16. Juni 2009. Diesmal handelte es sich , mit zwei Ausnahmen, um Pergamentbände. Das war für mich wieder eine neue Herausforderung, weil ich schon lange nichts mehr mit Pergament gemacht hatte. Die Arbeit am Buch mit der Pergament-Handschrift als Einbandmateial war sehr interessant. Ich habe mal gelesen, dass nach der Erfindung der Buchdruckerkunst Pergament für Verwendung in Büchern nicht mehr in Frage kam und ausser der Mode war. So verwendete man diese Handschrift-Makulaturen als Einbandmaterial bzw. auch als Verstärkung des Rückens zwischen den Heftbünden.

Zwei Bücher bekamen einen schönen Ledereinband.(echte Bünde)

 

Bitte schaue im Webalbum nach.

 

Eine Antwort to “Alte Bücher in neuen Kleidern.”

  1. Joachim Philippi Says:

    Hallo,

    ich habe leider keine Kontaktdaten auf Ihrer Homepage gefunden. Ich interessiere mich sehr für Ihre Blindprägetechnik mit Wachs. Ich würde sehr gerne wissen, wie Sie im Detail dabei vorgehen. Die Bucheinbände sehen wirklich wunderschön aus!

Hinterlasse einen Kommentar